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DER BERG

 

 

 

Weit entfernt, hoch oben, kann ich die Spitze des Berges erkennen. Da möchte ich hin. Es wird ein weiter Weg werden, doch zieht er mich magisch an und motiviert mich, auch Strapazen in Kauf zu nehmen.
Ich fange an. Zuerst merke ich dass ich erst den Rhythmus meiner Atmung und Schritte finden muss, aber je länger ich gehe, desto besser und auch schneller komme ich voran.
Ich sehe den Weg, klar und deutlich. Schön ist es da. In mir kommt eine Freude hoch und beglückwünsche mich zu diesem Entschluss.


Nun geht es langsam aber stetig bergauf. Mein Puls ist ein wenig erhöht, Schritt für Schritt komme ich voran.
Mitten am Weg liegt nun ein etwas größerer Stein. Ich erkenne das Steingesicht und überlege mir: Nehme ich einen Umweg oder lege ich den Stein beiseite und gehe meinen Weg weiter?
Ich möchte den Stein heben, er bewegt sich keinen Zentimeter weiter. Werde ich das schaffen? Es ist nicht leicht für mich, aber dann erkenne ich unter dem Stein ein kleines Loch wo meine Hand hinein passt. Nun kann ich ihn heben, es kostet mich etwas Kraft, doch gleich neben dem Weg finde ich eine Stelle im Gras, wo ich ihn absetze.
Das Steingesicht lächelt mir zu und sagt:"Danke, hier gefällt es mir gut, hier habe ich einen guten Blick. Gute Reise!"
Ich gehe weiter, es wird steiler. Nun schwitze ich schon etwas, auch muss ich mich konzentrieren. Ich werde durstig und ich werde etwas kraftlos.


Bei der nächsten Sitzbank werde ich eine Pause machen.
Meine Augen sind auf eine Sitzbank fokussiert. Dort vorne ist eine! Die Vorfreude auf eine Rast ist groß.
Nun sitze ich. Direkt hinter mir steht ein Baum - mein Freund. Er spricht zu mir:"Ruhe dich nun etwas aus, aber nicht zu lange, sonst wirst Du träge. Nimm eine Stärkung zu Dir und dann gehe weiter."
Unglaublich wie gut diese Pfirsichspalten schmecken, jede einzelne vollbringt eine Geschmacksexplosion in meinem Mund. Ich trinke noch Wasser, packe alles ein und breche auf.
"Gute Reise!", ruft mir mein Freund, der Baum, hinterher. Ich schenke ihm noch ein Lächeln und nun geht es weiter.


Ich bin schon weit! Nur die Spitze des Berges kann ich gerade nicht erkennen, sie ist von Nebel bedeckt.
Ich frage mich, wie wird es da oben sein? Ist es gefährlich? Werde ich etwas sehen? Wird es die Mühe wert sein?
Ich habe Zeit zum Denken, noch muss ich gehen und gehen und gehen. Langsam tut mir mein rechter Vorderzeh weh, ich dürfte eine kleine Druckstelle haben. Ich bleibe kurz stehen und atme tief durch. Was für ein Blick!
Die Luft wird dünner! Mit der Zeit gewöhne ich mich daran!
Ich merke eine Veränderung in mir, ich spüre eine tiefe Ruhe in mir, ich denke kaum mehr, ich bin in dieser Umgebung integriert, ich spüre die Kraft der Felsen, ich rieche die Alpenblumen und jeder Baum mit seinem Gesicht lächelt oder sieht mir zu.
Fast habe ich es geschafft!
Bin etwas aufgeregt.


Plötzlich sehe ich nichts mehr.
Ich bin im Nebel. "Hab Vertrauen", höre ich. Wer sagt das? "Hab Vertrauen"
Nun sage ich mir selbst "hab Vertrauen", wenn ich konzentriert und aufmerksam meinen Weg gehe, dann wird es funktionieren. Durch den Nebel gibt es plötzlich nichts mehr außer mich selbst. Ich höre meinen Atem, ich achte auf meine Schritte, ich vertraue - ich vertraue mir.
Ich weiß dass es sein kann, dass ich ausrutsche oder mich verletze, aber jetzt denke ich nicht daran, es ist nicht wichtig. Ich konzentriere mich nun am Weg zu bleiben und gehe, langsam aber konzentriert und aufmerksam.
Und dann - erkenne ich wieder mehr, der Nebel lockert auf! Nicht zu glauben wie schnell das geht! Ich sehe, ich sehe immer mehr! Schön ist das!
Der Nebel liegt hinter mir, das Ziel ist gleich erreicht!
Ich bin etwas müde, doch jetzt mache ich keine Rast mehr.


Der Berggeist redet mit mir:"Sei Willkommen! Du darfst nun wählen: du kannst die direkte Spitze meines Berges oder die sichere kleine Plattform nehmen,entscheide klug!"
Die Spitze würde mich sehr reizen! Aber könnte ich dort die Aussicht genießen? Würde ich nicht mit der Zeit ängstlich werden, zu hoch gestiegen zu sein?
Muss es ganz oben sein?
Ich wähle die kleine ebene Plattform kurz vor der Spitze. Meinen Rucksack setze ich ab, strecke meine Arme in die Höhe und sage "danke ", da bin ich, ich bin! Ich fühle den Berg, ich fühle das Tal unter mir. Ich stehe sicher. Ich bin.
Ich bin ein Teil vom Ganzen, ich bin alles und ich bin nichts. Ich bin.
Lange bleibe ich dort bis es Zeit ist wieder runter zu gehen.
Der Abstieg erfolgt beschwingt und fröhlich. Viele Gesichter lächeln mir zu. Ich lächle zurück und sage "Danke"

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